Keine Abwälzung der Mehrkosten infolge der "kleinen Pflegereform" auf Pflegebedürftige und Angehörige!
BVV Mitte von Berlin
20.10.2022
Fraktion DIE LINKE
Antrag
Keine Abwälzung der Mehrkosten infolge der "kleinen Pflegereform" auf
Pflegebedürftige und Angehörige!
Die BVV möge beschließen:
Das Bezirksamt Mitte wird gebeten, sich gegenüber dem Senat für eine
Bundesratsinitiative einzusetzen, die sicherstellt, dass die
Pflegeversicherung die Mehrkosten übernimmt, die durch bessere Gehälter
und mehr Personal in den Pflegeeinrichtungen entstehen.
Die Mehrkosten, die infolge der seit 1.9.22 geltenden neuen Gesetzeslage
für Pflegeeinrichtungen (ambulante Dienste, Pflegeheime) entstehen,
dürfen nicht auf die Heimbewohner*innen oder deren Familien abgewälzt
werden. Auch eine ab Sommer 2023 hoffentlich geltende bessere
Personalbemessung darf nichts daran ändern.
Begründung:
Seit dem 1.9.2022 gelten für Einrichtungen der ambulanten sowie der
voll- und teilstationären Pflege neue gesetzliche Regeln infolge des
"Gesundheitsversorgungsweiterentwicklungsgesetzes" (GVWG) der alten
Bundesregierung. Eine dieser Neuregelung ist, dass ab 1.9.2022 in diesen
Einrichtungen Tarifentgelt oder zumindest „tarifnahes" Entgelt gezahlt
werden muss. Nach Auskunft einer Vertreterin der zuständigen
Gewerkschaft verdi im Gesundheitsausschuss am 22.9. führt diese Regelung
zu schon lange berechtigten und überfälligen Entgeltverbesserungen für
die Beschäftigten dieser Einrichtungen zwischen 200 und 250 Euro im
Monat.
Die Bundesregierung hat es jedoch versäumt, dafür hinreichend Vorsorge in der
gesetzlichen Pflegeversicherung zu schaffen, damit diese die so
entstehenden Mehrkosten übernimmt. In der Folge droht, dass diese
Mehrkosten auf die Menschen abgewälzt werden, die Pflege ambulant oder
in Einrichtungen in Anspruch nehmen. Das ist inakzeptabel.
Ähnliches kann im Sommer 2023 erneut geschehen, wenn nach den bisherigen
Planungen eine gesetzliche Personalbemessung für diese Einrichtungen in
Kraft treten soll. Auch hier fehlt bisher jede damit verbundene Änderung
der Vorschriften für die Pflegeversicherung, sodass, falls dadurch
erneut Mehrkosten für die Betreiber von Pflegeeinrichtungen anfallen,
eine erneute Überwälzung auf Heimbewohner*innen und deren Familien
droht.
Beides sind Fehlentwicklungen, die für eine menschenwürdige
Pflegeversicherung in unserem Land inakzeptabel sind. Dieses Land ist
reich genug, um seinen alten und kranken Menschen auch in den
Einrichtungen der ambulanten, voll- und teilstationären Pflege eine
humane, menschenwürdige Behandlung zu ermöglichen. Wie dringend
verbesserungswürdig diese Einrichtungen waren und sind, haben wir alle
seit Beginn der Corona-Pandemie eindringlich bemerkt. Eine private
Überwälzung der Mehrkosten, die durch bessere Bezahlung und bessere
Arbeitsbedingungen für die Beschäftigten dieser Einrichtungen entstehen,
ist mit den Grundsätzen einer solidarischen, fairen und menschenwürdigen
Pflegeversicherung nicht vereinbar.
Berlin, 20.10.2022
Sanehy, Diedrich, Lötzer und die anderen Mitglieder der Fraktion DIE LINKE