Blick aus dem Amt - Das Jugendamt - Unterstützung, die ankommt.

Mit diesem Slogan werben Jugendämter bundesweit für ihre Arbeit und tatsächlich ist das Jugendamt durch die Nähe zu den Menschen, ihren Hilfebedarfen, familiären Konflikten  und Erziehungsproblemen eine „besondere Behörde“. Dass Mitarbeitende pädagogische Fachkräfte sein sollen, ist sogar bundesgesetzlich festgelegt. Ein paar Daten aus Mitte, die die Herausforderungen der täglichen Arbeit im Jugendamt verdeutlichen: Es werden im Spektrum der sogenannten Hilfen zur Erziehung über 2000 z.T. komplexe „Fälle“ bearbeitet. Das reicht von jungen Müttern, die zusammen mit ihren Kindern betreut werden, Familienhilfen zur Unterstützung der Familie bei der Bewältigung von Alltagsproblemen und Krisen bis zur Unterbringung von Kindern außerhalb ihres Elternhauses, weil sonst das Wohl des Kindes gefährdet ist. Auch geflüchtete junge Menschen werden oft auf diese Weise untergebracht. Alternativ gibt es die Unterbringung in Pflegefamilien. Das heißt aber, dass geeignete Pflegepersonen gefunden werden müssen. Klar ist: die geeignete Hilfe für junge Menschen und/oder Eltern zu finden, ist eine anspruchsvolle Aufgabe. Sie kostet Zeit, braucht viele Gespräche, auch mit Schulen, TherapeutInnen und anderen Akteuren und: Hilfe kostet Geld. Es werden in Mitte über 50 Mio. Euro jährlich für Hilfen zur Erziehung ausgegeben. Der Bezirk bekommt vom Land aber nicht 1:1 die Summe, die die Hilfen kosten, obwohl es einen Rechtsanspruch auf diese Hilfen gibt. Daher kommt es zu Budgetüberschreitungen, um Menschen, die Hilfe benötigen, angemessene Unterstützung zukommen zu lassen. Dabei ist zu beachten, dass der Bezirk Mitte bei Sozialindikatoren wie Leistungsberechtigte nach Sozialgesetzbuch II im Alter von 6 bis unter 18 Jahren berlinweit mit die höchsten Werte aufweist und auch sonst einiges an Problempotential zu bieten hat. Trotz dieser sozialen Belastung liegt Mitte bei der Hilfedichte in 2015 nur an 5. Stelle und bei den Transferausgaben je Einwohner an 6. Stelle von den 12 Bezirken. 

Es muss daher den Bezirken gelingen, dass das Land die Hilfebedarfe umfassender anerkennt und die Bezirke besser finanziert. Sozialarbeitende, die z.T. 80 Fälle betreuen, von denen jeder einzelne eine Herausforderung ist, müssen außerdem endlich besser bezahlt werden. Zu beiden Themen finden sich Aussagen im Koalitionsvertrag und ich werde mich mit anderen Mitstreitenden weiter dafür einsetzen. Das Ergebnis der aktuellen Tarifverhandlungen bringt sicher eine Besserung, aber entspricht nicht dem, wofür insbesondere die Mitarbeitenden der Jugendämter seit Jahren demonstrieren.

Dr. Sandra Obermeyer